Interviewreihe zur Ausbildungsordnung (Teil 2)

Lea Cranz verantwortet die Koordination der Grundlehrgänge im digitalen Lernzentrum. Heute stellt die duale Studentin die Zulassungsvoraussetzungen, Zielgruppen, Schwerpunkte und Inhalte vor.


Hallo Lea, in Anlehnung an ein bekanntes Zitat: findet Fußball beim BFV nicht mehr auf dem Platz statt?

Oh doch, keine Sorge! Nur weil wir digitale Bildungsangebote fördern, bedeutet das keine Abwehr vom Geschehen auf dem Platz – im Gegenteil.

Aber der digitale Grundlehrgang klingt erstmal nach Training am Laptop und nicht nach Fußballpraxis.

Auf den ersten Blick kann das durchaus so rüberkommen, aber weit über 90% Weiterempfehlungsquote unserer Absolvent:innen der letzten beiden Jahre hat uns in unserem Ansatz bestätigt. Wir erhalten die Rückmeldung, dass die Teilnehmer:innen den digitalen Einstieg sehr gelungen finden und der Bezug zur Praxis im Zuge der Ausbildung nicht zu kurz kommt.

Wie muss man sich den Lehrgang vorstellen? Gibt es einen Monat lang Videokonferenzen?

Unser Grundlehrgang dauert einen Monat, das ist richtig. Innerhalb dieser Zeit genießen die Teilnehmer:innen jedoch maximale Freiheit, denn die Zeiteinteilung ist komplett flexibel. Wir stellen in verschiedenen Lektionen Inhalte und Aufgaben zur Verfügung, durch die man sich dann je nach Kapazitäten sukzessive arbeiten kann. Diese individuelle Lernumgebung ist uns sehr wichtig, denn wir wissen, dass man im Ehrenamt nur über begrenzte Zeitfenster für Qualifizierungsmaßnahmen verfügt.
Durch die Konzeption des Lernzentrums als soziales Netzwerk besteht dabei jederzeit die Möglichkeit zum Austausch in Echtzeit: per Chat, per Videokonferenz oder innerhalb der Lerngruppe mit den Referent:innen.

An wen richtet sich der Grundlehrgang und welche Zulassungsvoraussetzungen gibt es?

Die Teilnahme ist grundsätzlich für alle interessierten Personen möglich. Wer einfach mal reinschnuppern und einen ersten Einblick ins Ehrenamt erhalten möchte, wird genauso abgeholt wie erfahrene Trainer:innen, die sich auf den Weg zum Lizenzerwerb begeben möchten. Der Grundlehrgang bildet den Einstieg in alle weiteren Qualifizierungsmaßnahmen für Trainer:innen, Betreuuer:innen und Vereinsmanager:innen.

Für die Teilnahme sind einige Voraussetzungen zu erfüllen, die im Laufe des Lehrgangs nachgewiesen werden müssen:

  • Ärztliches Zeugnis über Sporttauglichkeit
  • Eintragungsfreies erweitertes Führungszeugnis
  • Tabellarischer Lebenslauf mit sportlichem Werdegang
  • Nachweis Erste-Hilfe-Kurs
  • Mitgliedschaft in einem DFB-Verein
  • Mindestalter 15 Jahre

Die Unterlagen sind ab Einreichung zwei Jahre lang gültig, sodass man innerhalb dieser Zeit die gesamte C-Lizenz absolvieren kann.

Welche Anforderungen stellt Ihr an die Teilnehmer:innen?

Wir verfolgen grundsätzlich den Ansatz, dass wir niemanden unter- oder überfordern wollen. Deshalb ist es Teil unseres Bildungsverständnisses, dass wir unterschiedlichem Vorwissen und unterschiedlichen Arbeitsergebnissen zunächst offen und wertschätzend entgegenkommen. Im Rahmen des Grundlehrgangs bewältigen wir den Spagat zwischen Trainer:innen mit jahrzehntelanger Vorerfahrung und Eltern, die kurzfristig Aufgaben im Verein übernehmen, ohne selbst jemals einen Bezug zum Fußball gehabt zu haben.

Von den teilnehmenden Personen erwarten wir, dass sie sich bewusst Zeiten für den Lehrgang nehmen. Gerade weil die zeitliche Flexibilität derart großzügig eingeräumt wird, sind „Schnell, schnell“-Lösungen bei uns nicht gern gesehen. Auf der inhaltlichen Ebene setzen wir auf einen variablen Ansatz, der sich darin äußert, dass wir die Inhalte und Aufgaben dergestalt aufbereitet haben, dass viele Zugänge zum Thema möglich sind. Ob der jeweilige Lerntyp also eher auf Text, Videos, Grafiken oder Quizaufgaben ausgerichtet ist, ist bei uns mitgedacht und wir variieren in den Formaten. In jedem Fall kann man den Lehrgang ohne fußballspezifisches Vorwissen erfolgreich abschließen.

Wie sieht eine typische Lektion bzw. Aufgabe im Grundlehrgang aus?

Die Inhalte sind wie erwähnt sehr abwechslungs- und variantenreich, gerade da wir eine recht diverse Zielgruppe bedienen. Eine recht unterhaltsame Lektion stellt z.B. das Aufeinandertreffen mit Austrofred dar, einem Trainer, der eher durch die Erfüllung negativ behafteter Klischees als durch fachliche Kompetenz besticht. Hier hilft ein kurzweiliges Video nicht nur bei der Fremd- sondern auch Selbstreflexion, die anschließend durch einen eigenen Beitrag mit Verbesserungsvorschlägen erfolgt. Unsere Aufgaben sind dabei immer kompetenzorientiert ausgestaltet. Uns interessiert gar nicht so sehr, ob jemand alle Details der motorischen Entwicklung von Sportler:innen auswendig aufzählen kann, sondern vielmehr dass auf dem Platz vielseitige Bewegungsschulung im Mittelpunkt steht und abwechslungsreiche Trainings gestaltet werden. Wir geben den Teilnehmer:innen daher stets Referenzmodelle an die Hand, die die praktische Umsetzung erleichtern.

Die Pilotierung des digitalen Formats hat fast zwei Jahre gedauert. Welche Erkenntnisse habt Ihr daraus für den finalen Lehrgang gewonnen?

Das war ein sehr spannender Prozess, den ich zum größten Teil miterleben und im letzten Jahr auch auswerten durfte. Dabei haben wir hunderte Feedbackbögen ausgewertet, sowohl von den Teilnehmer:innen als auch den Referent:innen. Besonders in Erinnerung geblieben sind dabei die Rückmeldungen, die ganz konkret die eigene Erfahrung und Praxisumsetzung der Inhalte wiedergegeben haben. Ein Beispiel: wir haben von einer Teilnehmerin das Feedback erhalten, dass der Lehrgang bei ihr in erster Linie nicht für Antworten, sondern für die richtigen Fragen gesorgt habe. Sie fühlte sich durch die Teilnahme in die Lage versetzt, das eigene Handeln auf dem Platz zu hinterfragen und damit gezielt auf die Suche nach Antworten zu gehen. Warum lasse ich das Team zu Beginn denn zwei Runden um den Platz laufen? Wie sieht der Alltag meiner Spieler:innen aus? Wie wirke und was bewirke ich, wenn ich von der Seitenlinie permanent reinrufe? Wie plane ich eigentlich Spieltage?

Kann der Lehrgang denn alle Themen abdecken? Was sollte man ggf. auch nicht erwarten?

Wie gesagt, der Lehrgang wirft Themen auf und gibt einen ersten Einblick in die Tätigkeiten im Verein. Man ist mit Abschluss der letzten Einheit nicht fertig mit der Entwicklung, sondern vorbereitet auf die weiteren Spezialisierungen. Daher sollte man nicht erwarten, dass im Grundlehrgang die optimale Spielphilosophie des Kinderfußballs entwickelt wird. Dafür ist dann das Zertifikat Kinderfußball bzw. das Profil Kinder in der C-Lizenz zuständig. Ab und an wird es den Teilnehmer:innen auch so gehen, dass sie nicht explizit Neues gelernt haben, sondern dass sie zu einem Thema Stellung beziehen müssen, das ihnen schon geläufig war. Wir möchten ihnen dabei auf Augenhöhe begegnen, in den Dialog treten und eine gemeinsame Haltung entwickeln. Wer Blankovorlagen oder einen fertigen Übungspool fürs eigene Training erwartet, wird enttäuscht werden. Unser Ansatz ist, dass der Lehrgang dazu befähigt Dinge selbständig zu entwickeln, umzusetzen und zu hinterfragen.

Weitere Informationen zum Grundlehrgang finden sich hier.

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