Interviewreihe zur Ausbildungsordnung (Teil 4)

Pia Höhne koordiniert die Fortbildungsmaßnahmen für Trainer:innen zur Verlängerung der C- und B-Lizenz.

Hallo Pia, Fortbildungen gehören seit jeher zur Qualifizierung, weil sie die Grundlage zur Erneuerung von DFB-Lizenzen darstellen. Was verändert sich in Zukunft durch die neue Ausbildungsordnung?

Wie der Name schon sagt, fokussiert sich die Ausbildungsordnung vor allem auf den Lizenzerwerb. Die formalen Rahmenbedingungen für Fortbildungen verändern sich daher kaum. Es geht vor allem darum, dass sich unser Bildungsverständnis auch hier zeigen soll. Weg vom passiven Zuhören, hin zum noch aktiveren Anwenden.

Was bedeutet das genau? Bisher wurde doch auch in der Praxis auf dem Platz trainiert während der Lehrgänge.

Das ist richtig, wir müssen aber künftig dazwischen unterscheiden, ob wir eine Trainingseinheit als Spieler:in erleben und daraus die richtigen Schlüsse für die Rolle als Trainer:in ziehen oder ob wir die praktische Aufgabe als Trainer:in vermehrt in den Mittelpunkt stellen. Ganz konkret bedeutet das, dass wir künftig mit unseren Referent:innen vermehrt in die Moderation und Supervision übergehen werden. Die Teilnehmer:innen erproben Inhalte miteinander auf dem Platz, nehmen dabei verschiedene Rollen ein und entwickeln Handlungsempfehlungen für die Praxis im Verein. Nur mitspielen und Zuhören reicht nicht aus – wir möchten Feedback auf dem Platz einfordern und zur Selbstreflexion anregen. Dafür müssen alle auch in die Rolle als Coach schlüpfen und sich den anderen Teilnehmer:innen stellen.

Kann man denn dann noch an Fortbildungen teilnehmen, wenn man gerade kein Team trainiert? In der Ausbildung wird die Anwendungsphase im Verein bekanntlich immer wichtiger.

Das kommt ein Stück weit auf das Thema und das Format an. Bei kompakten Fortbildungen müssen wir natürlich alle Inhalte komprimiert in einer Präsenzphase erarbeiten. Da ist die Trainingsgruppe also vor Ort durch die Teilnehmer:innen verfügbar. Wir möchten künftig aber verstärkt begleitende Fortbildungsangebote schaffen, die das Thema Blended Learning bestärken. Dazu braucht man dann zwingend Zugriff auf ein Team im Verein. Gerade bei Themen, die altersklassenübergreifend sind, kann das gut funktionieren, auch wenn die Teilnehmer:innen unterschiedliche Teams trainieren. Wir erhoffen uns vom Austausch der Erfahrungen einen großen Mehrwert. Vielleicht führt das sogar innerhalb der Vereine zu einem stärken Austausch und gegenseitigen Hospitationen.

Basierend auf dieser Idee können wir flexible und individuelle Fortbildungsangebote bis hin zum persönlichen Mentoring anbieten. Wir definieren demnach weniger ein festes Lehrgangsthema oder -ziel, sondern werfen eine Überschrift auf, die für alle Beteiligten individuelle Ausprägungen ermöglicht.

Was bedeutet das für Euer Team? Wie läuft dann künftig die Lehrgangsplanung?

Das bedeutet zum einen, dass wir klassische Fortbildungen in der Sportschule weiter anbieten werden und zusätzlich dezentrale Standorte unsere Favoriten sind. Das heißt, dass wir die Vereine zur Durchführung von Maßnahmen vor Ort motivieren möchten, um niedrigschwellig und nah am eigenen Team lernen zu können. In einer idealen Fußballwelt erlebe ich den Austausch mit Trainer:innen aus der Umgebung an einem nahegelegenen Ort und kann direkt um die Ecke in meinem Verein ausprobieren, was davon für mich umsetzbar ist. Durch fortlaufendes Feedback über das Lernzentrum kann ich meine Entwicklung dokumentieren und nachvollziehen.

Welche Formate wird es dann künftig geben?

Wir bieten weiterhin kompakte Fortbildungen über einen oder zwei Tage an, die jeweils 10 oder 20 Lerneinheiten umfassen. Ergänzend dazu sind die Kurzschulungen weiterhin fester Bestandteil des Portfolios, entweder mit 2 Lerneinheiten als Videokonferenz oder mit 5 Lerneinheiten am Stück im Verein. Wir hoffen aber auch, dass wir rein digitale Angebote für fußballpraktische Themen in Zukunft nicht mehr so sehr benötigen werden.

Spannend werden die angesprochenen Möglichkeiten des Mentorings zur individuellen Begleitung. Hier richten wir uns komplett nach den Bedürfnissen und Zielen der Trainer:innen und nutzen unseren modularen Baukasten für angepasste Formate.

Du hast angesprochen, dass dezentrale Veranstaltungen den Schwerpunkt darstellen sollen. Kann jeder Verein sich dann um die Austragung bewerben oder nur ausgewählte Standorte?

Uns ist wichtig, dass wir motivierte Vereine unterstützen. Daher ist die Durchführung jedes Angebots nach dem digitalen Grundlehrgang für jeden Verein auf dem eigenen Gelände grundsätzlich möglich – übrigens auch die C-Lizenz-Ausbildung. Natürlich haben wir dazu ein paar Spielregeln, denn die Qualität der Veranstaltung basiert immer auch auf den Rahmenbedingungen vor Ort. Wir gehen daher zwei Wege: zum einen planen wir pro Bezirk die Etablierung eines Standorts, der dauerhaft Qualifizierungsmaßnahmen zu Gast hat und bei dem wir die Rahmenbedingungen genau kennen. Zum anderen können sich alle Vereine für  Maßnahmen über unser Lernzentrum per Formular bewerben. Insofern die Mindeststandards eingehalten werden, fahren wir gerne von Pankow bis Zehlendorf in alle Vereine.

Was sind denn die Standards, die Ihr anlegt – sowohl bei den Standorten als auch hinsichtlich der Durchführung an sich?

Bei den Standorten geht es um den Schulungsraum für theoretische Inhalte sowie die Platzsituation vor Ort. Uns ist dabei natürlich klar, dass die Vereine in der Regel Gast auf dem Gelände sind und Vorgaben der Sportämter bestehen – das gilt im Übrigen für die Sportschule in Wannsee auch. Wir kennen die Herausforderungen daher sehr gut. Im Prinzip fragen wir : habt Ihr einen Raum, in dem man eine Präsentation und Gruppenarbeiten abhalten könnte? Besteht die Möglichkeit zum Training auf mindestens einem halben Platz auf dem Kunstrasen oder gibt es Ausweichmöglichkeiten, wie z.B. eine Halle?

Natürlich werden vor Ort auch Sportmaterialien benötigt, ein paar Bälle und Tore sind daher sicher ganz sinnvoll… wir fahren aber ganz bewusst nicht mit abgefahrenen Ideen vor, denn letztlich müssen wir ja die Inhalte auf das ausrichten, was vor Ort vorhanden ist. Es geht also weniger um das “Ob” als um das “Wie”.

Das “Wie” zeigt sich letztlich auch in der inhaltlichen Gestaltung. Unser Team besteht ausschließlich aus Referent:innen, die einen Bezug zum Amateurfußball haben, die die Bedürfnisse und Herausforderungen der Basisvereine kennen und wertschätzend mit den Stärken und Schwächen der Teilnehmer:innen umgehen. Wir entwickeln Trainer:innen gerade nach dem Lizenzerwerb stetig im gewohnten Umfeld weiter, da nicht alle leistungsorientiert arbeiten und eine A-Lizenz erwerben. Für uns sind alle Teilnehmer:innen gleich wichtig.

Genau darin besteht durchaus die Kritik an der neuen Ausbildungsordnung – ein Glasdeckel nach oben wird durch die neuen Zulassungsregeln befürchtet. Welche Rolle nehmen Fortbildungen hier ein?

Eine ganz wichtige! Das Streben nach der höchsten Lizenzstufe liegt uns irgendwie allen im Blut, aber das zentrale Bildungsverständnis des DFB, dem auch wir folgen, besteht genau darin, dass wir Expert:innen im jeweiligen Bereich benötigen. Kinder brauchen Kinderfußballtrainer:innen, Erwachsenenteams entsprechend andere Inhalte und Persönlichkeiten. Wir schaffen mit der neuen Qualifizierungstreppe, dass wir Spezialisierung ermöglichen. Das bedeutet, dass nicht alle zur leistungs- und großfeldorientierten B-Lizenz zugelassen werden, sondern sich im Bereich der C-Lizenz zu Fachkräften entwickeln. Wenn alle Beteiligten das verstehen, wird auch vereinsintern das oftmals verbreitete Hierarchiedenken angesichts von unterschiedlichen Buchstaben auf der Lizenzkarte aufgebrochen.

Ähnliche Beiträge

Kommentieren