Interviewreihe zur Ausbildungsordnung (Teil 3)

Mit der Koordination der C-Lizenz-Ausbildung verantwortet Jessica Graßmann einen der dynamischsten Bereiche der neuen Ausbildungsordnung.

Hallo Jessi, worauf dürfen wir uns bei der C-Lizenz in Zukunft einstellen?

Zum einen auf das Lehrgangsformat Blended Learning, zum anderen auf einen modernen Bildungsansatz weg vom Wissen abprüfen hin zur Entwicklungsbegleitung. Der rote Faden der Ausbildung zieht sich durch alle Lehrgänge und erfordert von allen Beteiligten ein hohes Maß an Offenheit und Kompetenzorientierung.

Wir bilden anders als in den Vorjahren zunehmend spezialisierter aus und nutzen verschiedene Referenzmodelle. Nicht mehr neu aber zunehmend wichtiger sind z.B. im Profil Kinder die Etablierung der 10 Goldenen Regeln im Kinderfußball oder das Spielphasenmodell im Bereich der taktischen Ausbildung. All diese theoretischen Hintergründe werden in Präsenz- und Anwendungsphasen erprobt und auf ihre Stichhaltigkeit überprüft. Wir entwickeln Expert:innen für alle Bereiche.

Kann z.B. eine F-Jugend-Trainerin an den Profilen Jugend oder Erwachsene teilnehmen?

Grundsätzlich nein. Da die Teilnehmer:innen die Lehrgangsinhalte schon während des Lehrgangs im Heimatverein anwenden sollen, müssen sie natürlich auch Zugriff auf ein Team der jeweiligen Spezialisierung haben. Und bevor die Idee aufkommt: sich einfach ab und zu während des Kurses ein entsprechendes Team im Verein „auszuleihen“ ist auch keine Option, da die Entwicklung natürlich auch nach dem Lehrgang konstant weitergehen soll.

Und welche Optionen habe ich, wenn ich schon weiß, dass ich im kommenden Jahr mit meinem Team aus dem Klein- ins Großfeld oder als Coach den Verein wechsle?

Wir sind grundsätzlich um Ermöglichung und nicht um Verhinderung bemüht. Begründete Einzelfallentscheidungen werden wir natürlich ermöglichen, insofern sich daraus ein Mehrwert für die Entwicklung der Trainer:innen ergibt. Entscheidend ist dann auch der Zeitpunkt des Lehrgangs. Wir empfehlen in solchen Fällen auch immer, dass die Betroffenen sich für Kurse anmelden, die eben gerade nicht in einer Zeit möglicher Veränderungen liegen.

Wie läuft ein Lehrgang im Blended Learning-Format ab?

Da wir neben der Variation aus digitalem und analogem Lernen auch einen vermehrt dezentralen Ansatz verfolgen, können die Lehrgänge sich stark voneinander unterscheiden. Je nach Terminierung spielen Ferien und Feiertage sowie Platzkapazitäten vor Ort eine große Rolle. Unser Ziel ist, dass möglichst viele Angebote auf bezirklicher Ebene geschaffen werden.
Ein standardisierter Lehrgang umfasst in der Regel fünf Phasen. Den Auftakt bildet die etwa zweiwöchige Einführungsphase im Lernzentrum mit der Aktivierung des Vorwissens, erstem Input zum Thema sowie Aufgaben zur Vorbereitung der ersten Präsenzphase. Diese umfasst zwei Tage am Wochenende, möglich sind aber auch andere Aufteilungen, z.B. unter der Woche abends. Die Präsenzphase ist geprägt von Praxiseinheiten, bei denen die gemeinsame Entwicklung von sportlichen Inhalten im Fokus steht.
Sehr wichtig ist für die Teilnehmer:innen anschließend die etwa vierwöchige digitale Zwischenphase, die einerseits neue Lerninhalte bereitstellt, zum anderen aber auch als Anwendungsphase im Verein fungiert. Die Teilnehmer:innen dokumentieren die Umsetzung der Aufgaben im Verein und erhalten Feedback zu ihren Einreichungen.
Phase vier ähnelt der ersten Präsenzphase und umfasst in der Regel zwei Tage. Die Erkenntnisse der vorherigen Phasen fließen hier wiederum in die Gestaltung der Praxiseinheiten ein.
Den Abschluss bildet dann eine ca. zweiwöchige digitale Phase im Lernzentrum, die zur Reflexion der eigenen Entwicklung dient und einen intensiven Austausch mit den Referent:innen zum Gegenstand hat. Das Entwicklungsgespräch ist der entscheidende Schritt zum erfolgreichen Lehrgangsabschluss.

Lernzentrum I
Digitales Aufwärmen

Die erste digitale Phase dient der Einführung ins Thema sowie dem Austausch von Vorerfahrung.

ca. 2 Wochen 

Präsenztermin I
Kennenlernen & Ausprobieren

An den Präsenztagen werden die in der Theorie vorbereiteten Inhalte praktisch auf dem Platz umgesetzt und ausgewertet.

ca. 2 Tage

Lernzentrum II
Anwenden im Heimatverein

Die zweite digitale Phase dauert etwas länger, da die Teilnehmer:innen die Gelegenheit zur praktischen Anwendung des Erlernten mit dem eigenen Team erhalten. Das Lernzentrum bündelt die Anwendungsbeispiele, sodass die Referent:innen Feedbacks geben können.

ca. 4 Wochen

Präsenztermin II
Vertiefte Praxiserfahrung

Im Anschluss an die Anwendungsphase geht es im zweiten Präsenztermin um die Weiterentwicklung auf Basis der gemachten Erfahrungen. Konstruktive Rückmeldungen aus der Gruppe sollen hier bei der Reflexion helfen.

ca. 2 Tage

Lernzentrum III
Nachbereitung & Abschlussleistung

Das Ende des Lehrgangs bedeutet nicht das Ende des Lernens. Im Lernzentrum werden die Entwicklungsfortschritte gemeinsam ausgewertet und die individuelle Perspektive besprochen.

ca. 2 Wochen

Es findet also keine Prüfung am Ende des Lehrgangs statt? Wie wird festgestellt, ob die Teilnehmer:innen bestehen?

Über den gesamten Kurs verteilt hinterlassen die Teilnehmer:innen ihren persönlichen Fußabdruck in Form von Zwischenleistungen. Die eingereichten Aufgaben im Lernzentrum, die praktische Umsetzung am Ausbildungsstandort sowie nachgewiesene Kompetenzen in Feedbacksituationen zeichnen ein Bild der Entwicklung. Die Teilnehmer:innen dokumentieren zusätzlich ihre subjektive Einschätzung mithilfe eines Entwicklungsbogens. Dieser bildet die Gesprächsgrundlage für das abschließende Entwicklungsgespräch. Da auch die Referent:innen fortlaufend den Fortschritt erfassen und ein klarer Kompetenzkatalog objektive Kriterien zur Beurteilung bereitstellt, kann abschließend der bestenfalls erfolgreiche Lizenzerwerb belegt werden. Dasselbe gilt natürlich auch für den Fall einer ausgebliebenen Entwicklung, sodass anschließend eine weitere Begleitung möglich ist.

Sind die Lehrgänge dann künftig umfangreicher und anspruchsvoller?

Ich würde sagen, dass die Lehrgänge fordernder und fördernder sind. Der zeitliche Umfang hält sich dabei im gleichen Rahmen wie vorher. Die Profilkombinationen umfassten bislang auch insgesamt 80 Lerneinheiten. Das subjektive Empfinden kann sich natürlich anders darstellen. Bislang konnte man sich durchaus auch mal an einem Lehrgangstag etwas zurückhalten und weniger beteiligen, da letztlich nur die Lehrprobe bzw. mündliche Prüfung für das Bestehen zählten. Das neue Format ist ganzheitlicher gedacht und die Entwicklungsleistung wird vom ersten Moment an erfasst.
Die Inhalte sind konsequenterweise auch weiterentwickelt worden. Basierend auf dem Entwicklungsmodell des DFB wurden Inhalte und Aufgaben gestaltet, die aktuelle Themen des Fußballs genauso aufgreifen wie grundlegende Kompetenzen als Trainer:in stärken.
Das alles steht unter der Überschrift Fördern, denn alle Änderungen haben das Ziel der individuellen Begleitung. Fordernder wird die Ausbildung definitiv für unser Team bei der Organisation und dem ständigen Austausch mit den Teilnehmer:innen. Künftig sitzt da nicht mehr einfach eine Gruppe an mehreren Lehrgangstagen im Schulungsraum oder steht auf dem Platz. Vielmehr besteht über etwa zwei bis drei Monate permanenter Kontakt, da der Lehrgang im Lernzentrum, am Ausbildungsstandort sowie im Heimatverein stattfindet.

Was erwartest Du Dir von der neuen C-Lizenz? Ich gehe davon aus, dass wir noch besser ausgebildete Trainer:innen in Berlin haben werden. Die C-Lizenz ist vor allem dadurch aufgewertet worden, dass sie künftig verpflichtend für den Weg zur B-Lizenz ist. Da die Inhalte aufeinander aufbauen, ein roter Faden vorgesehen und die Individualisierung stärker ausgeprägt ist, wird die Ausbildung für alle sehr viel nachhaltiger sein. Persönlich freue ich mich auch darauf, dass wir noch mehr Teile der Ausbildung in die Vereine verlagern und damit wirklich für die Basis da sind.

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  1. Ich kann die neue Art der Trainerausbildung sehr gut nachvollziehen. Einerseits wird jeder persönlich und individuell unterstützt, gefördert und bewertet. Andererseits wird dadurch die Aufmerksamkeit hochgehalten und hoffentlich ebenso der eigene Anspruch bei den Teilnehmern.